Fangen wir mit der freundlichen Iranerin und ihrem Schönheitsstudio / Friseursalon an. An der Mainstreet 80 – 100 Meter links vom C & N Hostel gelegen. Was übringes ziemlich idiotisch erscheint, wenn man bedenkt das wir eine Straße von Chinatown entfernt sind wo sich Schönheitssalon an Schönheitssalon drängelt. Ich dachte mir vor meinem ersten Bewerbungsgespräch lässt du dir mal besser die Haare schneiden. Und sie war die nächste Adresse. Freundlich und schnell. Vor mir ist noch ein Kunde, vermutlich auch Deutscher! Sind ja irgendwie alle hier. Zip Zap Haare ab, noch mit nem Gummiband kunstvoll die überflüssigen Barthaare entfernt, kleine Kopfmassage und ich bin dran.
Nach drei Sätzen hat sie mich als Deutschen entlarvt. Nicht am Akzent, sondern an der Maßeinheit die ich verwende. Ok das ist neu! Sonst war es immer der Akzent. Hier würden wohl alle in Inch oder Foot rechnen. Schwierig bei 4 mm gewünschter Haarlänge. Das wären dann 2/10 Inch??? Keine Ahnung.
Sie ist nicht auf den Mund gefallen und erzählt mir das sie vor 25 Jahren aus dem Iran gekommen sei. Noch vor dem Krieg (wie schnell man vergisst) und freiwillig der Liebe wegen. Ihre Schwester hätte einen deutschen Mann und würde auch dort leben. Gut für die Kinder wäre es auch trilingual, schreibt man das so? … aufzuwachsen. Sie selbst war wohl schon mal in Nürnberg und irgendwo im Schwarzwald.
Die Situation in Vancouver würde es wohl in Deutschland nicht geben. Obdachlose die einfach überall nächtigen und ihrem Tagewerk, wie immer es aussehen mag, nachgehen. Ich sagte ihr wir haben auch Obdachlose und Bettler. Aber zugegeben, das die bei uns so „akzeptierte“ Mitglieder der Gesellschaft wie hier sind, ist bei uns eher unwahrscheinlich. Soll heißen hier schlafen sie am Bahnhof oder auf öffentlichen Plätzen, benutzen die öffentliche Bibliothek als Waschraum usw. Bei uns bekämen die vermutlich nen Platzverweis. Hier kommt die Polizei nur wenn die sich wirklich mehr als daneben benehmen.
Ich frage sie warum sie ausgerechnet neben Chinatown ihren Laden hat. Ihre Antwort: Weil ich kein Chinese bin. Hier verhält es sich wohl so das die meisten (älteren) Chinesen sich niemals die Mühe gemacht haben Englisch zu lernen. Brauchen sie ja auch nicht, in Chinatown ist alles auf Chinesisch ausgeschrieben. Dasselbe gilt aber auch für andere Gruppen wie Spanier und Italiener. Little Italy gibt es hier wohl also auch.
Und wenn man in einem anderen Land lebt sollte man doch auch gefälligst die Sprache beherrschen. Sie tut es fluchender Weise!
Auf jeden Fall würde sie alle nicht asiatischen Kunden abwerben und davon irgendwie leben könnten. Ihr Mann geht ebenfalls arbeiten und gemeinsam kämen sie über die Runden. Außerdem sein ein eigenes Geschäft und viele unterschiedliche Menschen kennen zu lernen immer ihr Traum gewesen. Hier hätte sie beides, ein eigenes Geschäft und ständig internationale Kundschaft wegen dem Hostel nebenan.
Einen ganz anderen Traum hat Aaron. Mein Zimmernachbar aus Halifax, Kanada nicht England. Aufgewachsen im rassistisch angehauchten Whitehorse, hat er es sich in den Kopf gesetzt ein guter Programmierer und Spieleentwickler zu werden. Also ist er mit seinem letzten Erspartem nach Vancouver gekommen um dort an der Uni It und Programmieren zu studieren. Schaut euch sein erstes eigenes kleines Spiel, ein Jump and Run, genauer an. Ist echt kurzweilig.
Was ihm allerdings keiner gesagt hat, war wie teuer die Studiengebühren sind und wie teuer Vancouver. Er konnte sich nur ein Fernstudium über das Internet leisten und wohnt im Hostel. Seit Monaten. Von Acht Uhr Morgens studiert er bis seine Schicht als Tellerwäscher anfängt und er zur Arbeit muss. Danach geht er sich einen trinken und spät ins Bett.
Er ist der Typ der einfach nur immer entspannt ist, und nein er ist kein Dauerkiffer, er rührt sowas nicht an. Der Typ wirkt auf mich wie naturhigh. Erlebt hat er als Schwarzer auch schon einiges, von Nachts auf der Straße schlafen müssen bis fälschlicher Weise wegen Bankraubes abgeführt zu werden.Vielleicht rührt daher seine natürliche Gelassenheit. Kleinigkeiten können den glaub ich nicht mehr aufregen.
Er ist ein sehr netter Typ, der immer gnädig mit war wenn ich die englische Grammatik verhaue oder einfach die Wörter nicht weiß. „Take your time Timo“, „ We are not in a hurry“ Und das ist kein Sarkasmus. Der meint das so. Mit ihm macht es Spaß sich zu unterhalten. Er spricht relativ langsam und klar.
Seinen Co-Worker Sky hat er mir auch vorgestellt, Ein junger Taiwaner der seit fünf Jahren in Kanada lebt und genauso relaxt ist wie Aaron. Hoffe wir sehen uns mal wieder.
Und vom Taiwaner komme ich jetzt zu Cheon, dauerkiffender Japaner mit dem grauenhaftesten asiatischen Akzent den ich mir vorstellen kann. Den Jungen zu verstehen ist manchmal echt ne Kunst. Seine Eltern denken er studiert hier Medizin oder sonst was. Mir scheint es aber eher so, das er daran überhaupt kein Interesse hat und einfach nur versucht eine gute Zeit zu haben. Auf den Kopf gefallen ist er auch nicht. Doch anstatt seinen Intellekt zum Studieren zu nutzen, benutzt er ihn lieber zum Geld verdienen. Mit Glücksspiel! Ja richtig gelesen. Mit Glücksspiel. Der Bängel ist sogar richtig gut darin. Einen Abend ist er mit 1000 $ ins Hostel gekommen und hat uns allen was zu Essen spendiert. Scheinbar kann man davon irgendwie leben. Meinen Respekt.
Ok ich mein viele Ausgaben hat er nicht: Hostel, Essen, Gras, um nen Reim draus zu machen: Das war´s.
Dennoch erstaunlich das er es wirklich schafft nur durchs Zocken über die Runden zu kommen. Bin mal gespannt wann er seinen Eltern beichtet, das er nicht studiert aber trotzdem einen Bachelor im ungewöhnlich leben gemacht hat 😉
Soweit bis hier,
C U